Theaterlandschaft in Kiev

Kiew-Franko-Theater“Kiew ist ein riesiges Theater und die Einwohner sind die Schauspieler”. Dieses berühmte Zitat beschreibt die Stadt und deren Einwohner sicher ganz gut. Tatsächlich aber hat Kiew eine reiche und vielfältige Theaterlandschaft.

Kennen Sie das Ukrainskiy Dim am Europa-Platz in Kiew? Es war im 19. Jahrhundert das erste Theater in Kiew, damals mit 400 Sitzplätzen aus Holz und Vorstellungen in polnischer Sprache. Das Gebäude war fürchterlich zügig und feucht, aber die Aufführungen waren unter der Kiewer Bevölkerung sehr beliebt. Für diejenigen von uns, die wissen, was an diesem Platz jetzt steht, klingt das fast unglaublich.

Aber es gibt Theater in dieser Stadt, die noch weiter zurückreichen. Im 17. und 18. Jahrhundert, inszenierten Studenten der Mohyla Academy ihre eigenen Stücke und

wussten Sie, dass das moderne Theater-Kino am Horodetskogo früher einmal ein Pferdezirkus, Konzertsaal und Theater in einem war? Der Eigentümer des Grundstücks, ein Mann namens Krutikov, beauftragte im 19. Jahrhundert den talentierten Architekten Bratman, einen Komplex mit 2500 Sitzplätzen zu bauen. Interessanterweise beherbergt das Nachbargebäude dieses Krutikov-Theaters heute das Kyiv Konservatorium, davor war es eine zeitlang das Hotel Continental. Wenn der berühmte russische Bassist Fjodor Schaljapin nach Kiew kam, übernachtete er in diesem Hotel um gleich nebenan im Theater ein Konzert zu geben. Überhaupt war die Horodetskogo Straße im 19. Jahrhundert voller Restaurants und Luxusläden und Kiew wurde in dieser Zeit als Klein-Nizza bezeichnet.
Dann gibt es in Kiew natürlich noch das Ivan Franko Theater. Es ist schwer zu glauben, aber der Platz, auf dem das Theater heute steht, war früher ein See mit Spazierwegen rundherum. Im 19. Jahrhundert war dieser See Schauplatz improvisierter Aufführungen von Pantomimen, die sich in unterschiedlichsten Kostümen, meisten Helden der Epoche, präsentierten. Im Winter wurde der gefrorene See als Eislauffläche genutzt. Heute gibt es an dieser Stelle nur ein paar Bänke mit einem Springbrunnen.

Der russische Schauspieler Nikolai Solowzow zog 1891 nach Kiew, legte den See trocken und begann mit dem Bau des Theaters. Solowzow benötigte weder Baugenehmigung noch Vertrag, die Stadtoberen vertrauten ihm völlig. Nach der Fertigstellung des Theaters wurden viele ausländische Stars eingeladen, im neuem Theater zu spielen. Dieser Moment gilt als Beginn des professionellen Theaterlebens von Kiew. Interessanterweise waren Schauspieler dieser Zeit nicht sehr fleißig wenn es um das Erlernen ihrer Texte ging. Sie verließen sich oft einfach auf Souffleure, die bei Aussetzern schon einspringen würden. Im Franko Theater funktionierten das Soufflieren jedoch aus technischen Gründen nicht. So erwarb sich das Franko Theater mit der Zeit den Ruf als sehr professionelles und authentisches Theater.

Die Schauspielerin Maria Zankovetska hatte ihre Auftritte sowohl im Krutikov als auch im Franko Theater. Zankovetska tourte durch ganz Russland und spielte sogar persönlich nur für den russischen Zar. Sie war in dieser Zeit so berühmt, dass selbst Lev Tolstoy ihr Taschentuch als Geschenk behielt und Tschaikowsky verehrte Zankovetska so sehr, dass er sie bei einem Auftritt mit einem Lorbeerkranz bedachte.